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„Experten für die Einwanderungsgesellschaft“. Erfolgreiche Veranstaltung von MBE, JMD und Stadt Kassel

Die gemeinsame Fachveranstaltung von der Stadt Kassel und den Trägern der Migrationsberatung im Rahmen des Runden Tischs Integration war ein großer Erfolg. Über 120 Teilnehmende aus Behörden, Beratungsstellen und Zivilgesellschaft diskutierten über die Integration und gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Migrationsgeschichte und die Bedeutung der Migrationsberatung für Ankommen, Integration und Teilhabe.

Mit nur wenigen Wochen Vorlauf haben die Stadt Kassel und die Beratungsstellen von MBE (Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte) und JMD (Jugendmigrationsdienste) am 11. Juli 2024 gemeinsam einen Fachtag zum Thema „Was ist gelungene Integration?“ organisiert. Die ganztägige Veranstaltung fand im Rahmen des kommunalen Runden Tischs Integration statt, dem interdisziplinären Fachforum in Kassel zu allen Fragen von Integration, gesellschaftlicher Teilhabe und Zugehörigkeit. Rund 120 Teilnehmende diskutierten über die Bedingungen für das gute Zusammenleben in der vielfältigen Gesellschaft und die Bedeutung der Arbeit der Migrationsberatung. Durch den Fachtag führte Teslihan Ayalp, die Leiterin der Stabsstelle Integration und Chancengleichheit und bisherige Integrationsbeauftragte der Stadt Kassel gemeinsam mit den Leitungskräften von MBE und JMD der Freien Träger.

Unter den Teilnehmenden waren der Kasseler Sozialdezernent Dr. Norbert Wett, Stadtverordnete und Vertreter*innen aus den Ortsbeiräten, darunter die Stadtverordnetenvorsteherin Dr. Martina van den Hövel‐Hanemann, Beratungsfachkräfte von MBE, JMD und weiteren lokalen Beratungsstellen, Mitarbeiter*innen verschiedener kommunaler Behörden, Bildungsträger, der Kammern sowie der Jobcenter aus Stadt und Landkreis Kassel, Mitglieder des Ausländerbeirats, des Seniorenbeirats, Vertreter*innen migrantischer Selbstorganisationen und der Regionalkoordinator des BAMF Norbert Kern.

In seiner Begrüßungsrede lobte der Kasseler Sozialdezernent Dr. Norbert Wett die gute Kooperation zwischen Kommune und Beratungsstellen, die wesentlich zu dem gemeinsamen Ziel einer erfolgreichen Integration beitrage. Wett verwies darauf, wie bedeutsam gerade auch aus der kommunalen Perspektive einerseits die Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Migrationsgeschichte und andererseits ihre gute Orientierung bei den Themen Bildung, Schule und Sprache sei. „Menschen, die zu uns kommen, stehen vor großen Herausforderungen. Dafür benötigen sie Unterstützung. Und hierbei helfen ihnen die Migrationsberatungsstellen.“ An die Adresse der anwesenden MBE- und JMD-Berater*innen gerichtet sagte Wett: „Ihre Arbeit ist wichtig und unerlässlich – gerade in einer Stadt wie Kassel mit einem hohen Migrationsanteil. Sie sind die Experten für die Einwanderungsgesellschaft.“ Der Sozialdezernent dankte den Mitarbeiter*innen der Beratungsstellen „im Namen der Stadt Kassel herzlich für diese engagierte Arbeit“.

Anschließend stellten Bernd Schulz (Fachdienstleitung JMD Kassel der Caritas), Catharina Hübner (Bereichsleitung im Kulturzentrum Schlachthof), Sandy Hoffmann (Fachgebietsleitung Beratung und Prävention des Diakonischen Werks), Katharina Enters (Teamleitung Migration Internationaler Bund) und Jutta Bohnen (Fachdienstleitung MBE der Caritas) die Beratungsarbeit näher vor. Sie erläuterten die bundesgeförderten Programme Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte (MBE) und Jugendmigrationsdienste (JMD), warfen Schlaglichter auf die vielfältigen Beratungsthemen und hoben die enge Kooperation aller Träger der Beratungsangebote und die Vernetzung mit den kommunalen Behörden hervor. Bernd Schulz (Caritas) erklärte: „Die Netzwerkarbeit ist ungemein wichtig. Alle müssen voneinander wissen, um die Expertise der Profis nutzen zu können.“

Migrationsberatung und die Integration in den Kommunen

In ihrem Impulsvortrag mit dem Titel „JMD + MBE – Integrationsmotor für die Kommunen?“ legte Claire Deery, Fachanwältin für Migrationsrecht und Beraterin der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz, die wichtigen Aufgaben und Herausforderungen der Beratungsstellen dar. Angesichts eines sehr dynamischen, sich stetig wandelnden Aufenthaltsrechts, hoher Zuzüge von Migrant*innen und Geflüchteten, befristeter Aufenthaltstitel und ausgelasteter Behörden sei der Beratungsbedarf erheblich. Zugleich würden öffentliche Debatten über „Abschiebungen im großen Stil“ immer wieder zu Unsicherheiten bei Menschen mit Migrationsgeschichte führen – selbst bei jenen mit festen Aufenthaltstiteln, denen gar keine Abschiebung drohe. „Die Beratungsdienste sorgen immer wieder für eine Beruhigung der Ratsuchenden. Sie entlasten die Behörden, indem sie frühzeitig Fragen klären, Informationen vermitteln und Lösungswege aufzeigen.“ So seien die Beratungsstellen bei allen Fragen zu Fördermaßnahmen, zur Anerkennung von Dokumenten, zur Passbeschaffung oder zum Spracherwerb für die Ratsuchenden da. Zugleich würden sie in zahlreichen Fällen den Weg in den Arbeitsmarkt überhaupt erst ermöglichen. Das Ziel der Beratung sei stets, so Claire Deery, dass die Ratsuchenden in die Lage versetzt würden, selbstständig die für sie besten Entscheidungen treffen zu können. Claire Deery verwies ebenfalls auf die stets unsichere Finanzierung der Beratungsstellen und folgerte: „Wenn wir wollen, dass Integration gelingt, braucht es eine Verfestigung der Migrationsberatungsstellen.“

Die Aufgaben der Beratungsstellen wurden auch in der anschließenden offenen Diskussion beleuchtet, an der sich zahlreiche Teilnehmer*innen des Fachtags beteiligt. Teslihan Ayalp, die Leiterin der Stabsstelle Integration und Chancengleichheit der Stadt Kassel, erklärte: „Ohne die Migrationsberatungsdienste wären viele Ratsuchende verloren.“

Im zweiten Teil des Fachtags hatten die Teilnehmer*innen die Gelegenheit, im Rahmen eines World Cafés in wechselnden Kleingruppen zu diskutieren und vertiefende Einblicke in die Beratungsarbeit von MBE und JMD zu gewinnen. Die leitenden Fragen waren dabei: Was bedeutet Integration für die Stadtgesellschaft und für Menschen mit Migrationsgeschichte? Was braucht die Stadtgesellschaft, damit Integration gelingen kann? Und wie tragen die Beratungsstellen dazu bei?

In der Gesprächsrunde "JMD & MBE meet Arbeitsmarkt" diskutierten Mitarbeiter*innen der Jobcenter von Stadt und Landkreis Kassel und Berater*innen anhand von Fallkonstellationen, wie komplex die Arbeitsmarktintegration mitunter ist und wie viele Fragen dabei in der Beratung oft zu lösen sind. Bernd Schulz (Caritas) und Sonja Herbst, die stellvertretende Leiterin der Abteilung für Zuwanderung und Integration der Stadt Kassel (vormals: Ausländerbehörde), führten durch den Austausch zu Fragen des Aufenthaltsrechts, die in der Praxis mitunter sehr komplex sind und nur durch den engen Austausch zwischen Ausländerbehörde, Beratungsstellen und Ratsuchenden geklärt werden können. Im Gesprächsforum "JMD & MBE meet Migrantenselbstorganisationen" standen die Perspektiven der Menschen mit Migrationsgeschichte auf Integration und Teilhabe im Vordergrund, während die Runde "JMD & MBE meet Politik & Gesellschaft" den Beiträgen der Kommune für eine gelingende Integration nachspürte. In einem fünften Forum ging es um die Beratung zur Anerkennung von ausländischen Studien- und Berufsabschlüssen – eine wichtige Voraussetzung dafür, damit Migrant*innen jene Arbeitsplätze finden können, die ihrem Qualifikationsniveau entsprechen.

Jutta Bohnen (Caritas) stellt die Ergebnisse einer der Arbeitsgruppen vor.

„Ohne die Beratung hätte ich meinen Weg nicht gehen können.“

Den Fachtag beschloss eine Podiumsdiskussion, in der vier Menschen, die in den letzten Jahren nach Deutschland geflohen sind, ihr Ankommen schilderten und von der Unterstützung berichteten, die sie von den Migrationsberatungsdiensten erfahren haben. Laila Haji, eine langjährige Hebamme und Krankenschwester aus Syrien, erzählte, dass sie 2019 im Rahmen einer Familienzusammenführung nach Deutschland gekommen sei. Weil eine unmittelbare Fortsetzung ihres Berufs nicht möglich gewesen sei, absolviere sie nun eine Ausbildung zur Altenpflegerin. Ismail Jemmo, ein junger Mann, floh 2021 aus Syrien nach Deutschland und befindet sich ebenfalls in einer Pflegeausbildung. Andrii Vasenin, der mit seiner Familie vor dem russischen Angriffskrieg aus der Ukraine geflohen ist, lebt seit 2023 in Deutschland. In der Ukraine war er bereits unternehmerisch tätig und will sich gemeinsam mit seiner Frau auch in Deutschland selbstständig machen. Nach Ende ihres Studiums floh die Psychologin Kataryna Peschanska aus der Ukraine nach Deutschland. Hier fand sie Arbeit in der Unterstützung traumatisierter Schutzsuchender, während sie sich zugleich – mit Erfolg – darum kümmerte, dass ihr Studienabschluss in Deutschland anerkannt wurde. Mittlerweile arbeitet sie beim Kulturzentrum Schlachthof Kassel in der psychosozialen Beratung. Sie alle machten deutlich, wie wichtig die verschiedenen Migrationsberatungsstellen gewesen waren und noch immer sind, um sich in Deutschland angesichts von Sprachhürden, komplizierten Behördenbriefen und komplexen Verfahren zu orientieren. „Ohne die Beratung hätte ich meinen Weg nicht gehen können,“ sagte Laila Haji.

Blick auf das Podium und die Teilnehmer*innen des Podiumsgesprächs

Durch den gesamten Fachtag zog sich ein positives Verständnis von Migration. Die gesellschaftlichen Herausforderungen sowie die Hürden für Integration und Teilhabe wurden präzise beschrieben, die Diskussion war aber stets lösungsorientiert und optimistisch. Im Ergebnis waren sich die Teilnehmer*innen des Fachtags einig, dass die Vernetzung zwischen kommunalen Stellen und MBE-/JMD-Beratungseinrichtungen in Kassel gut und sehr hilfreich für die jeweilige Arbeit sei. Gleichwohl sehen alle Akteure mit Sorge, dass die weitere Finanzierung der Beratungsstellen gefährdet ist. Jutta Bohnen von der Caritas erklärt: „Wenn es im Bundeshaushalt für uns Mittelkürzungen gibt, werden wir Stellen bei der Beratung streichen müssen – mit unmittelbaren Folgen für das Gelingen von Integration und Teilhabe in der Kommune.“

Bundesgeförderte Migrationsberatung in der Stadt Kassel

Zu den bundesgeförderten Migrationsberatungsstellen in Kassel gehören das Kulturzentrum Schlachthof Kassel (MBE, Mitglied im Paritätischen), die Caritas (MBE und JMD), die Diakonie (MBE) sowie der Internationale Bund (JMD). Die Beratungsstellen sind dabei neben der Stadt Kassel auch für die Region (den Landkreis Kassel sowie zum Teil weitere angrenzende Landkreise) zuständig.

Pressemitteilung der Stadt Kassel

Stadt Kassel, Neue Impulse für die Migrationsarbeit in Kassel, Pressemitteilung vom 16. Juli 2024

Fotonachweis

Die Verwendung der Fotos erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Stadt Kassel. Für alle Fotos: © Stadt Kassel/Can Wagener



© Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte